Freitag, 23. Oktober 2015

Jäger/in werden ist nicht leicht...

Ich bin Jägerin.
Genau das wollte ich sagen können, wenn mich jemand nach meinem Hobby fragt. Zugegeben, das Interesse für die Jagd hat sich bei mir erst relativ spät entwickelt. Es schien so, als ob sich das „Jagdgen“, welches mein Papa mit in die Familie gebracht hat, bei meinem Bruder wie auch bei mir, nicht so richtig durchsetzen wollte. Doch im Alter von 16 Jahren fasste ich dann doch den Entschluss und meldete mich bei unserem heimischen Jagdkurs an. Die jagdliche Ausbildung meines Zwergrauhaardackels „Moritz“ und auch das ein oder andere Jagderlebnis an der Seite meines Vaters hatten das Gen wohl doch zum Vorschein gebracht.
Und so ging es auch schon los. Mitte September begann der Jagdkurs und somit begann neben der Vorbereitung auf meinen Schulabschluss auch das Lernen für das „Grüne Abitur“. Jeden Dienstag und Donnerstagabend von 19:00–21:00 Uhr fand der Vorbereitungskurs statt.
Alles fing mit dem Thema „Waffenkunde“ an.
Ja, ich denke für Frauen gibt es schon das ein oder andere interessantere Thema innerhalb der Ausbildung, aber auch das gehört nun mal dazu. Im Endeffekt war es dann doch gar nicht so schlimm wie gedacht, und durch die ständige Wiederholung, für die mein Vater natürlich höchstpersönlich gesorgt hatte, saß auch der meiner Meinung nach schwierigste Teil der gesamten Ausbildung gut.
Als es dann mit der Wildtierkunde und dem Jagdlichen Brauchtum weiterging, fühlte ich mich schon direkt wohler und ging in der Materie regelrecht auf.
Im Januar kam dann zu den beiden Tagen in der Woche noch der samstägige Aufenthalt am Schießstand, um auf die Schießprüfung vorbereitet zu werden. Die Schießprüfung. Hätte ich zu diesem Zeitpunkt gewusst, was in der Hinsicht auf mich zukommt, hätte ich mir das ganze wohl nochmal anders überlegt. Aber dazu später.
Die Wochen vergingen wie im Flug, und je näher die Prüfungen rückten, umso schneller verflog die Zeit. (Ich sage bewusst „PrüfungEN“, da ich natürlich das unfassbare Glück hatte, dass die drei jagdlichen Prüfungen genau mit den drei schulischen zusammenfielen.)
Das Lernen machte mir jedoch Spaß. So lernte ich lieber die Jagdzeiten der Lach-und Silbermöwen, die im Raum NRW wohl von besonderer Bedeutung sind, statt mir verschiedene „ach so wichtige“ mathematische Gleichungen zu merken.
Anfang April wurde es dann langsam Ernst. Bis jetzt hatte auch eigentlich alles gut geklappt. Bis jetzt. Das Lernen war noch immer nicht das Problem im Gegensatz zum Schießen. Auch da war nie so wirklich etwas schief gelaufen. Na gut, der Kipphase wollte nicht zu 100% jedes mal kippen aber 7-8 Hasen hatte ich bei den erlaubten 10 Versuchen immer zum Liegen gebracht.
Warum jetzt aber plötzlich nicht mal 4 fallen wollten (die im übrigen nicht zum Bestehen der Prüfung führen) war mir, meinem Vater und auch den Ausbildern ein Rätsel. Spätestens ab dem Zeitpunkt hätte ich wohl besser mit der Einnahme von Baldrian beginnen sollen, denn meine Nerven waren gespannt wie Drahtseile. Es konnte doch verdammt noch mal nicht sein, dass so kurz vor der Prüfung nichts mehr klappen wollte.
Zwei Wochen vor der Prüfung nochmal ein Lichtblick! Ich hatte tatsächlich wieder 8 Hasen zum Kippen gebracht. Ein riesiger Stein fiel mir vom Herzen, wobei dieser auch direkt hätte da bleiben können, denn beim letzten Schießstandbesuch vor der Prüfung traf ich wieder nur 4.
Na ja, ich war zwar völlig am Ende, womit ich allerdings auch nicht alleine war, denn meiner Familie hatte ich in der letzten Zeit auch ganz schön Nerven gekostet, und gerade mein Vater betete wohl jeden Abend zu Gott, dass dieser doch meine Schießkünste wenigstens am entscheidenden Tag wiederkommen lassen sollte.
Nun kam die entscheidende Woche. Zwei meiner schulischen Prüfungen hatte ich bereits gut hinter mich gebracht und auch der schriftliche Teil der Jagdprüfung war mit 87 von 100 Punkten gut bestanden.
Fehlten nur noch die Schieß-, die Mündlich-praktische- und die Matheprüfung.
„Gott steh mir bei“ war wohl der Satz, der mir innerhalb dieser Zeit am meisten durch den Kopf ging.
Am Morgen der Schießprüfung war mir schlecht, was auch meine Mutter, die mich netterweise als seelischer Beistand begleitete, nicht durch positives Zureden ändern konnte.
Mein Motto des Tages : „Augen zu und durch“ gab mir wenigstens ein wenig Halt. Und los ging es. Zuerst die 5 Schüsse auf die Bockscheibe. 47 Ringe! Bestanden! Danach die 5 Schüsse auf den laufenden Keiler. 4 Treffer! Bestanden!
Ja super, dachte ich mir, mit so viel Euphorie muss der Hase heute doch kippen. Schön wäre es. Ich betrat den ach so verhassten Raum und vergaß direkt zu Anfang, meine Ohrstöpsel in die Ohren zu stecken. Oh oh, kein gutes Omen, dachte ich mir. Da lag ich leider auch vollkommen richtig.
Der erste Durchgang war mit nur 2 Treffern nicht bestanden. Und auch den zweiten hätte ich mir eigentlich sparen können, da ich bereits nervlich nicht mehr „stabil“ war. Die Worte des Prüfers klingen mir heute noch im Ohr :,,Das waren leider nur 3 Treffer. Damit haben sie nicht bestanden und müssen zur Nachprüfung in 4 Monaten antreten.“
So schnell hatte ich den Schießstand noch nie verlassen.
Das einzig Positive an diesem Tag war, dass bis auf drei meiner ''Mitschüler'', alle die Prüfung erfolgreich bestanden hatten. Für diejenigen freute ich mich natürlich trotzdem, auch wenn es zugegebenermaßen nicht ganz einfach war.
Trotz des deprimierenden Erlebnisses raffte ich mich noch einmal zusammen und bestand so die in der nachfolgenden Woche anstehende mündlich-praktische Prüfung.
Die Tatsache, dass ich nach der misslungenen Schießprüfung in ein sehr tiefes Loch fiel, war jedoch bitter.
An diesem einen Tag hatte ich ganz schön zu knabbern. Aber nach 2-3 Wochen, in denen ich mir eine kleine Auszeit gönnte, schmiedeten wir einen Plan, damit die Nachprüfung zum Bestehen führt.
Dieser Plan war recht simpel und lautete: ,,Schießen, schießen, schießen!“ Mein Vater bestellte kurzerhand 500 Schrotpatronen und los ging es. Genau kann ich es zwar nicht mehr sagen, aber ich denke ca. 250 dieser Patronen hätten wir genau so gut aus dem Fenster werfen können.
Als ich jedoch durch Zufall eine eigene Flinte bekam, endlich den Doppelschuss anwandte und lernte meinen Kopf beim Schießen auszuschalten, wendete sich das Blatt kurz bevor ich aufgeben wollte doch noch zum Guten. Von nun an saßen die Schüsse.
Am 4. September 2014 war es soweit. Meine letzte Chance, Jägerin zu werden, stand bevor.
Und ja, dieses Mal hatte ich definitiv ein besseres Gefühl. Dachte ich zumindest. Über diese Leichtsinnigkeit lache ich jedoch heute noch.
Ich war die erste, die ihr Glück versuchte. Zuerst der Kipphase.
Ohje! Meine Eltern, die dieses Mal beide mitgekommen waren, schluckten schwer, als ich mich auf den Weg zum Häschen machte. Doch Tatsächlich, ich brachte 8 von ihnen zu kippen. Durch die große Anspannung, die abfiel, konnte ich nicht anders und fiel allen drei Prüfern in die Arme... ihnen standen auch die Schweißperlen auf der Stirn!
Danach die Bockscheibe. 47 Ringe! Bestanden!
Ich kann mich noch genau daran erinnern, wie ich meiner Mutter danach auf dem Parkplatz zuflüsterte, dass ich jetzt eigentlich schon bestanden hätte, da es beim laufende Keiler wirklich noch nie ein Problem gegeben hatte. Zu früh gefreut. Ich traute meinen Augen nicht, als die Keilerscheibe zurückfuhr und ich 5 in einer Perlenkette aneinandergereihte Einschusslöcher nur 1cm unter dem gültigen Bereich sah. Es war einer der demütigsten Momente in meinem Leben, als ich aus dem Schießstand trat, alle sich praktisch schon freuten und ich mitteilen musste, dass ich gleich nochmal rein müsse. Mein Vater machte sich daraufhin auf den Weg in den Wald, meine Mutter musste sich erst einmal setzen, und ich war immer noch perplex von der Situation. Ich weiß heute immer noch nicht, wie ich damals die Nerven behalten konnte und einigermaßen gefasst den zweiten Versuch antrat, bei dem ich mit dem letzten Schuss bestand.
Ich fiel allen Prüfern nochmals um den Hals, die sich sehr für mich freuten. In den Armen meiner Eltern löste sich dann endgültig die Last und dicke Tränen bahnten sich ihren Weg.
Von nun an durfte ich mich tatsächlich ganz offiziell eine Jägerin nennen.
Warum ich so schlecht geschossen habe? Diese Frage kann ich nur mit einer Vermutung beantworten. Ich gehe davon aus, dass meine Nerven einfach nicht mitgespielt haben. Denn einen Monat nach der Prüfung war ich mit meinem ersten eigenen Drilling und eigener Flinte noch einmal auf einem Schießstand und es gab keinerlei Probleme. Auch mein erstes erlegtes Stück Rehwild lag im Knall.
Wenn mich heute jemand darauf anspricht, versuche ich es mit Humor zu nehmen und sage :,,Ich wollte es halt spannend machen.“
Denn die Hauptsache ist doch, dass ich es geschafft habe.

Theresa

3 Kommentare:

  1. Ein kräftiges Waidmannsheil zum bestehen des Jagdscheins!
    Danach, dass du die Prüfung hast spannend werden lassen , wird kein Hahn mehr krähen!
    Dennoch solltest du in regelmäßigen Abständen den Schießstand aufsuchen, denn Übung macht den Meister und hat auch noch niemandem geschadet!
    Ein großes Kompliment an dich und deine Kammerradinnen, dass ihr alle einen solch schönen Blog auf die Beine gestellt habt und anscheinend trotz eures zum großen teil jungen Alters(ok ich bin selbst erst 19 :D)mit absoluter Passion bei der Sache seid, klasse!
    Waidmannsheil aus dem Bergischen Land!
    Roman Schlimbach

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    1. Natürlich suchen ich und auch der Rest unserer Truppe in regelmäßigen Abständen den Schießstand auf :-)
      Wie du schon sagst, es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen und der Besuch beim Schießstand gehört einfach zum Waidwerk dazu. Vielen Dank für das Lob! Wir hoffen den Blog weiterhin interessant halten zu können. Waidmannsheil!

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  2. Da gratuliere ich recht herzlich und allzeit Waidmannsheil! Toller Blog, sehr schön geschrieben, spricht mir aus der Seele!

    lg Claudia aus Bayern

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