Ich
bin Jägerin.
Genau das
wollte ich sagen können, wenn mich jemand nach meinem Hobby fragt.
Zugegeben, das Interesse für die Jagd hat sich bei mir erst relativ
spät entwickelt. Es schien so, als ob sich das „Jagdgen“,
welches mein Papa mit in die Familie gebracht hat, bei meinem Bruder
wie auch bei mir, nicht so richtig durchsetzen wollte. Doch im Alter von
16 Jahren fasste ich dann doch den Entschluss und meldete mich bei
unserem heimischen Jagdkurs an. Die jagdliche Ausbildung meines
Zwergrauhaardackels „Moritz“ und auch das ein oder andere
Jagderlebnis an der Seite meines Vaters hatten das Gen wohl doch zum
Vorschein gebracht.
Und so ging es auch
schon los. Mitte September begann der Jagdkurs und somit begann neben
der Vorbereitung auf meinen Schulabschluss auch das Lernen für das „Grüne Abitur“. Jeden Dienstag und Donnerstagabend von 19:00–21:00 Uhr fand der Vorbereitungskurs statt.
Alles fing mit dem
Thema „Waffenkunde“ an.
Ja, ich denke für
Frauen gibt es schon das ein oder andere interessantere Thema
innerhalb der Ausbildung, aber auch das gehört nun mal dazu. Im
Endeffekt war es dann doch gar nicht so schlimm wie gedacht, und durch
die ständige Wiederholung, für die mein Vater natürlich
höchstpersönlich gesorgt hatte, saß auch der meiner Meinung nach
schwierigste Teil der gesamten Ausbildung gut.
Als es dann mit der
Wildtierkunde und dem Jagdlichen Brauchtum weiterging, fühlte ich
mich schon direkt wohler und ging in der Materie regelrecht auf.
Im Januar kam dann
zu den beiden Tagen in der Woche noch der samstägige Aufenthalt am
Schießstand, um auf die Schießprüfung vorbereitet zu werden. Die
Schießprüfung. Hätte ich zu diesem Zeitpunkt gewusst, was in der
Hinsicht auf mich zukommt, hätte ich mir das ganze wohl nochmal
anders überlegt. Aber dazu später.
Die Wochen vergingen
wie im Flug, und je näher die Prüfungen rückten, umso schneller
verflog die Zeit. (Ich sage bewusst „PrüfungEN“, da ich
natürlich das unfassbare Glück hatte, dass die drei jagdlichen
Prüfungen genau mit den drei schulischen zusammenfielen.)
Das Lernen machte
mir jedoch Spaß. So lernte ich lieber die Jagdzeiten der Lach-und
Silbermöwen, die im Raum NRW wohl von besonderer Bedeutung sind,
statt mir verschiedene „ach so wichtige“ mathematische
Gleichungen zu merken.
Anfang April wurde
es dann langsam Ernst. Bis jetzt hatte auch eigentlich alles gut
geklappt. Bis jetzt. Das Lernen war noch immer nicht das Problem im
Gegensatz zum Schießen. Auch da war nie so wirklich etwas schief
gelaufen. Na gut, der Kipphase wollte nicht zu 100% jedes mal kippen
aber 7-8 Hasen hatte ich bei den erlaubten 10 Versuchen immer zum
Liegen gebracht.
Warum jetzt aber
plötzlich nicht mal 4 fallen wollten (die im übrigen nicht zum
Bestehen der Prüfung führen) war mir, meinem Vater und auch den
Ausbildern ein Rätsel. Spätestens ab dem Zeitpunkt hätte ich wohl
besser mit der Einnahme von Baldrian beginnen sollen, denn meine
Nerven waren gespannt wie Drahtseile. Es konnte doch verdammt noch
mal nicht sein, dass so kurz vor der Prüfung nichts mehr klappen
wollte.
Zwei Wochen vor der
Prüfung nochmal ein Lichtblick! Ich hatte tatsächlich wieder 8
Hasen zum Kippen gebracht. Ein riesiger Stein fiel mir vom Herzen, wobei
dieser auch direkt hätte da bleiben können, denn beim letzten
Schießstandbesuch vor der Prüfung traf ich wieder nur 4.
Na ja, ich war zwar
völlig am Ende, womit ich allerdings auch nicht alleine war, denn
meiner Familie hatte ich in der letzten Zeit auch ganz schön Nerven
gekostet, und gerade mein Vater betete wohl jeden Abend zu Gott, dass
dieser doch meine Schießkünste wenigstens am entscheidenden Tag
wiederkommen lassen sollte.
Nun kam die
entscheidende Woche. Zwei meiner schulischen Prüfungen hatte ich
bereits gut hinter mich gebracht und auch der schriftliche Teil der
Jagdprüfung war mit 87 von 100 Punkten gut bestanden.
Fehlten nur noch
die Schieß-, die Mündlich-praktische- und die Matheprüfung.
„Gott steh mir
bei“ war wohl der Satz, der mir innerhalb dieser Zeit am meisten
durch den Kopf ging.
Am Morgen der
Schießprüfung war mir schlecht, was auch meine Mutter, die mich
netterweise als seelischer Beistand begleitete, nicht durch positives
Zureden ändern konnte.
Mein Motto des Tages
: „Augen zu und durch“ gab mir wenigstens ein wenig Halt. Und
los ging es. Zuerst die 5 Schüsse auf die Bockscheibe. 47
Ringe! Bestanden! Danach die 5 Schüsse auf den laufenden Keiler. 4
Treffer! Bestanden!
Ja super, dachte ich
mir, mit so viel Euphorie muss der Hase heute doch kippen. Schön
wäre es. Ich betrat den ach so verhassten Raum und vergaß direkt zu
Anfang, meine Ohrstöpsel in die Ohren zu stecken. Oh oh, kein
gutes Omen, dachte ich mir. Da lag ich leider auch vollkommen richtig.
Der erste Durchgang
war mit nur 2 Treffern nicht bestanden. Und auch den zweiten hätte
ich mir eigentlich sparen können, da ich bereits nervlich nicht mehr
„stabil“ war. Die Worte des Prüfers klingen mir heute noch im
Ohr :,,Das waren leider nur 3 Treffer. Damit haben sie nicht
bestanden und müssen zur Nachprüfung in 4 Monaten antreten.“
So schnell hatte
ich den Schießstand noch nie verlassen.
Das einzig Positive
an diesem Tag war, dass bis auf drei meiner ''Mitschüler'', alle die
Prüfung erfolgreich bestanden hatten. Für diejenigen freute ich
mich natürlich trotzdem, auch wenn es zugegebenermaßen nicht ganz
einfach war.
Trotz des
deprimierenden Erlebnisses raffte ich mich noch einmal zusammen und
bestand so die in der nachfolgenden Woche anstehende mündlich-praktische Prüfung.
Die Tatsache, dass
ich nach der misslungenen Schießprüfung in ein sehr tiefes Loch
fiel, war jedoch bitter.
An diesem einen Tag
hatte ich ganz schön zu knabbern. Aber nach 2-3 Wochen, in denen ich
mir eine kleine Auszeit gönnte, schmiedeten wir einen Plan, damit
die Nachprüfung zum Bestehen führt.
Dieser Plan war
recht simpel und lautete: ,,Schießen, schießen, schießen!“ Mein
Vater bestellte kurzerhand 500 Schrotpatronen und los ging es. Genau
kann ich es zwar nicht mehr sagen, aber ich denke ca. 250 dieser
Patronen hätten wir genau so gut aus dem Fenster werfen können.
Als ich jedoch durch
Zufall eine eigene Flinte bekam, endlich den Doppelschuss anwandte
und lernte meinen Kopf beim Schießen auszuschalten, wendete sich
das Blatt kurz bevor ich aufgeben wollte doch noch zum Guten. Von nun
an saßen die Schüsse.
Am 4. September 2014
war es soweit. Meine letzte Chance, Jägerin zu werden, stand
bevor.
Und ja, dieses Mal
hatte ich definitiv ein besseres Gefühl. Dachte ich zumindest. Über diese
Leichtsinnigkeit lache ich jedoch heute noch.
Ich war die erste,
die ihr Glück versuchte. Zuerst der Kipphase.
Ohje! Meine Eltern,
die dieses Mal beide mitgekommen waren, schluckten schwer, als ich mich
auf den Weg zum Häschen machte. Doch Tatsächlich, ich brachte 8 von
ihnen zu kippen. Durch die große Anspannung, die abfiel, konnte ich
nicht anders und fiel allen drei Prüfern in die Arme... ihnen standen auch die Schweißperlen auf der Stirn!
Danach die
Bockscheibe. 47 Ringe! Bestanden!
Ich kann mich noch
genau daran erinnern, wie ich meiner Mutter danach auf dem Parkplatz
zuflüsterte, dass ich jetzt eigentlich schon bestanden hätte, da es
beim laufende Keiler wirklich noch nie ein Problem gegeben hatte. Zu früh gefreut. Ich traute meinen Augen nicht, als die Keilerscheibe
zurückfuhr und ich 5 in einer Perlenkette aneinandergereihte
Einschusslöcher nur 1cm unter dem gültigen Bereich sah. Es war
einer der demütigsten Momente in meinem Leben, als ich aus dem
Schießstand trat, alle sich praktisch schon freuten und ich
mitteilen musste, dass ich gleich nochmal rein müsse. Mein Vater
machte sich daraufhin auf den Weg in den Wald, meine Mutter musste
sich erst einmal setzen, und ich war immer noch perplex von der
Situation. Ich weiß heute immer noch nicht, wie ich damals die
Nerven behalten konnte und einigermaßen gefasst den zweiten Versuch
antrat, bei dem ich mit dem letzten Schuss bestand.
Ich fiel allen
Prüfern nochmals um den Hals, die sich sehr für mich freuten. In
den Armen meiner Eltern löste sich dann endgültig die Last und
dicke Tränen bahnten sich ihren Weg.
Von nun an durfte
ich mich tatsächlich ganz offiziell eine Jägerin nennen.
Warum ich so
schlecht geschossen habe? Diese Frage kann ich nur mit einer
Vermutung beantworten. Ich gehe davon aus, dass meine Nerven einfach
nicht mitgespielt haben. Denn einen Monat nach der Prüfung war ich
mit meinem ersten eigenen Drilling und eigener Flinte noch einmal auf
einem Schießstand und es gab keinerlei Probleme. Auch mein erstes
erlegtes Stück Rehwild lag im Knall.
Wenn mich heute
jemand darauf anspricht, versuche ich es mit Humor zu nehmen und sage
:,,Ich wollte es halt spannend machen.“
Ein kräftiges Waidmannsheil zum bestehen des Jagdscheins!
AntwortenLöschenDanach, dass du die Prüfung hast spannend werden lassen , wird kein Hahn mehr krähen!
Dennoch solltest du in regelmäßigen Abständen den Schießstand aufsuchen, denn Übung macht den Meister und hat auch noch niemandem geschadet!
Ein großes Kompliment an dich und deine Kammerradinnen, dass ihr alle einen solch schönen Blog auf die Beine gestellt habt und anscheinend trotz eures zum großen teil jungen Alters(ok ich bin selbst erst 19 :D)mit absoluter Passion bei der Sache seid, klasse!
Waidmannsheil aus dem Bergischen Land!
Roman Schlimbach
Natürlich suchen ich und auch der Rest unserer Truppe in regelmäßigen Abständen den Schießstand auf :-)
LöschenWie du schon sagst, es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen und der Besuch beim Schießstand gehört einfach zum Waidwerk dazu. Vielen Dank für das Lob! Wir hoffen den Blog weiterhin interessant halten zu können. Waidmannsheil!
Da gratuliere ich recht herzlich und allzeit Waidmannsheil! Toller Blog, sehr schön geschrieben, spricht mir aus der Seele!
AntwortenLöschenlg Claudia aus Bayern